Wenn es um das Nordische Modell geht begegnet einem in Deutschland immer wieder der Name Susanne Dodillet. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass ihr von schwedischen Wissenschaftler_innen der Vorwurf gemacht wird, in ihrer Arbeit nicht wissenschaftlich gearbeitet zu haben. Warum dies im Einzelnen so ist, wird im Folgenden deutlich.
[Der Autor Sven-Axel Månsson ist Professor für Soziale Arbeit an der Universität von Göteborg – es handelt sich um eine Übersetzung vom Schwedischen ins Deutsche. Kleine Abweichungen vom Originalwortlaut sind deshalb nicht ausgeschlossen.]
Der Gegenstand des Buches, bei dem es sich um eine Dissertation in den Geisteswissenschaften handelt, ist der Vergleich der deutschen und schwedischen Gesetzgebung seit den 70er Jahren. Der Hintergrund ist, dass diese beiden Länder verschiedene Wege beschritten haben. Deutschland hat eine aktive Legalisierung der Prostitution implementiert. 2001 beschloss das Parlament ein Gesetz, dessen Ziel es war Prostitution in die Gesellschaft zu integrieren. Das Gesetz regelt die Prostitution in Bezug auf zahlreiche Bereiche. Vereinfacht könnte man sagen, Prostitution wird wie ein Beruf wie jeder andere behandelt. Die Gesetzgebung in Schweden verlief anders. Um die Prostitution zurückzudrängen wurde deshalb u.a. beschlossen den Kauf von sexuellen Leistungen zu verbieten.
Die Verfasserin argumentiert in der Einleitung ihrer Dissertation, dass es nicht ihr Ziel ist irgendeines der Gesetze abzulehnen, ohne verstanden zu haben warum die jeweiligen Regierungen zu solch unterschiedlichen Verfahrensweisen gegriffen haben. Trotz dieser Versicherung merkt der Leser/die Leserin ganz schnell wo die persönliche Sympathie liegt. Eine der Haupt-Behauptungen von Dodillet ist, dass die schwedische Gesetzgebung über die Köpfe der Betroffenen, denen es helfen soll, der Prostituierten, hinweg eingeführt wurde. Die deutsche Gesetzgebung hingegen sei auf der anderen Seite das Ergebnis der Inspiration und der Wünsche der Betroffenen selbst.
Meine Kritik setzt nun da an, wie die Autorin diese Behauptung zu unterlegen versucht. Ich bin der Meinung, dass es ernsthafte Zweifel an der Akribie, Sorgfalt und Glaubwürdigkeit gibt. Vielleicht wird diese Arbeit nicht anerkannt werden; Ich komme zu diesem Punkt später zurück. Darüberhinaus muss man sagen, dass meine Kritik besonderen Bedingungen unterliegt. Denn ich bin eine der Personen, deren Bücher auf diesem Gebiet in dem Text durchleuchtet werden. Das ist eine merkwürdige Situation, denn ich muss bei der Lektüre angesichts der starken Verdrehungen und tendenziösen Darstellungen meine Emotionen zurückhalten. (Eigentlich ist das eine Stärke? – Samtidigt är det en styrka) Ich finde meine eigenen Texte in dem Buch, sie sind leicht zu finden, und erkenne sie angesichts der manipulativen Selektivität kaum mehr selbst wieder.
In Dodillets Arbeit geht es auch um die schwedische Prostitutionspolitik, die auf einem großangelegten wissenschaftlichen und sozialen Programm, welches in Schweden in den 70er und 80er Jahren aufgelegt wurde, beruht. Das Problem ist nur dass sie behauptet die Wissenschaftler_innen hätten Prostituierten nicht zugehört. Darüber hinaus wären sie abgeneigt gewesen „positive Prostitutionserlebnisse“ in die Forschung mit einzubeziehen. Die Bücher und Forschungspapiere dieser Zeit malten ein zu düsteres Bild der Prostitution. Außerdem, glaubt sie, hätten die Sozialarbeiter_innen, die seinerzeit im Prostitutionsumfeld arbeiteten, den eigenen Willen der Prostituierten nicht respektiert. Die Freude und das Verlangen nach dieser Arbeit seien weder beschrieben, noch anerkannt worden durch die Forscher_innen und Sozialarbeiter_innen, so Dodillet weiter.